Auf Reisen sind Märkte immer willkommene Ausgangspunkte, um Menschen bei ihren Einkäufen zu beobachten, exotische Früchte zu kosten und das ein oder andere Souvenir zu ergattern. Auch in Kambodscha ist das nicht anders und Phnom Penh bietet zahlreiche Straßenmärkte. Begleitet mich auf einen kurzen Einkaufsbummel und lernt die faszinierenden, aber auch anstrengenden Seiten eines Marktbesuchs kennen.
Es ist Samstag und wir wollen mehrere Rezepte nachkochen. Wie so häufig fehlt noch die ein oder andere nötige Zutat: Bananenblätter, Kokosraspel, Minze und Wasserkresse wollen noch gekauft werden und ich mache mich nach einem späten Vormittagsfrühstück raus auf die Straße. Zum Glück sind gleich zwei Straßenmärkte in unserer unmittelbaren Umgebung, denn es unglaublich heiß. Kaum habe ich die Wohnungen verlassen, bläst mir ein trocken-heißer Wind ins Gesicht, das Thermometer geht auf die 40 Grad zu. Es ist eindeutig Trockenzeit. Wäre ich nur früher losgegangen, denke ich. Doch auch nachts sinken die Temperaturen nicht unter 30 Grad und die Sonne steigt morgens blitzschnell nach oben.
Nach wenigen Minuten ist der „Old Market“ erreicht und ich betrete die schattige Straße zum Essensmarkt. Ich lasse die gleißende Sonne hinter mir und schiebe die Sonnenbrille nach oben, um die Marktstände zu begutachten. Angeboten wird vor allem Gemüse wie Wasserspinat, Gurken und diverse Kräuter, aber auch Obst wie Bananen und Mangos. Fisch- und Fleischstände finden sich ebenso, sind aber mehr als gewöhnungsbedürftig. Schon von weitem verströmen sie einen unappetitlichen Geruch. Ganze Fliegenteppiche haben sich abgesetzt, steigen bestenfalls für einen kurzen Moment auf, bevor sie sich wieder träge niederlassen.
Ich bewege mich durch die enge Gasse und muss immer wieder entgegenkommenden Motorrollerfahrern ausweichen. Man sollte nicht drauf hoffen, dass einen die Fahrer immer im Blick haben, wenn sie vorbeidüsen. Es sind fast nur Kambodschaner zu sehen, die hier ihren Einkauf tätigen. Ich laufe weiter entlang der Stände, hinter denen sich vor allem ältere Damen befinden. Das Marktgeschäft ist fest in ihren Händen und sie tauschen sich lautstark mit ihren Nachbarinnen aus.
Das Ende der Gasse ist fast schon erreicht und ich bin immer noch nicht fündig geworden. Meine rudimentären Khmer Sprachkenntnisse helfen mir auch nicht weiter, doch zum Glück gibt es eine einfache (und erprobte) Lösung. Ich zücke mein Smartphone und nutze die Google Bildersuche, um Fotos zu allen Zutaten zu finden. Ich finde einen vielversprechenden Gemüsestand und zeige die Bilder der Verkäuferin. Sie nimmt das Handy an sich, dreht es nach links und rechts und runzelt die Stirn. „Ot mien“, sagt sie, „no have“. Doch schon ruft sie nach einer anderen Marktverkäuferin und das Handy wird rege weitergereicht. Ich habe Mühe zu folgen, beobachte aber auch mit Interesse, wie ich ein kleines Such-Lauffeuer auslöse. Ein Stand schickt mich zum nächsten und ich frage mich, ob ich noch auf der richtigen Spur bin. Doch tatsächlich werde ich fündig und eine Marktfrau aus der hinteren Ecke ihres Stands holt ein Packen Minze hervor. Mit einem breiten Lächeln reicht sie sie mir herüber und ich freue mich über meinen ersten Fund des Tages. Mithilfe einiger Khmer Sprachbrocken verhandeln wir den Preis. Auf die gleiche Weise komme ich ebenfalls an Wasserkresse – oder zumindest etwas, das eine gewisse Ähnlichkeit aufweist.
Ich bin schweißgebadet, aber glücklich, zumindest die Hälfte der Zutaten gefunden zu haben. Doch von Kokosraspeln und Bananenblättern keine Spur. An einem Stand bekomme ich den Tipp, es bei dem nicht weit entferntem „Kandal Market“ zu versuchen. Kaum habe ich den „Old Market“ verlassen, erwartet mich auch schon die gnadenlose Mittagssonne. Die Wetter-App meines Handys zeigt mir Level 11 auf dem UV-Index an. Laut Wikipedia sollte jetzt jeder Aufenthalt im Freien vermieden werden. Ich stöhne in mich hinein und mache mich los.
Der „Kandal Market“ ähnelt dem vorherigen Markt, ist aber wesentlich größer. Kaum betrete ich den Essensmarkt, sehe ich auch schon die gesuchten Bananenblätter. Mein Glück währt nur kurz, denn sie stehen leider nicht zum Verkauf. Merkwürdig, denke ich mir, schließlich lässt sich eigentlich kein Kambodschaner ein Geschäft entgehen. Umständlich werde ich zum anderen Ende des Marktes gelotst, wo ich dann tatsächlich Bananenblätter zum Kaufen finde. Fehlen nur noch die Kokosraspeln – also, erneut das Spiel mit der Smartphone Bildersuche und dem Springen von einem zum anderen Marktstand. Schließlich finde ich den richtigen Stand und ich werde in den hinteren Part geführt. Die Marktfrau nimmt eine Kokosnuss von einem Stapel und schlägt sie mit ihrem Werkzeug entzwei. Mit einer Art überdimensionierten Zahnarztbohrer befördert sie das Fruchtfleisch aus der Schale und händigt es mit in einer Plastiktüte aus.
Endlich fertig! Alle Zutaten sind im Gepäck und ich mache mich zurück nach Hause. Mehr als eine Stunde ist vergangen und die Hitze drückt erbarmungslos nieder. Ich hoffe, dass die Zutaten nicht allzu sehr leiden und laufe schnellen Schrittes los.