Das Dach Afrikas

Das Dach Afrikas, so nennt man Äthiopien, da es eines der höchstgelegenen Länder des afrikanischen Kontinents ist. Hierher verschlug es mich berufsbedingt im Herbst 2017 für einige Wochen. Soweit es meine knappe Zeit zuließ, wollte ich mir das Reisen natürlich nicht nehmen lassen. Besonders hängengeblieben ist mir der Sämen Nationalpark, eine atemberaubende Berglandschaft im Norden des Landes.Meine Reise zum Nationalpark war das Ergebnis einer sehr kurzfristigen Planung: Erst nach meiner Ankunft in Äthiopien und einer intensiven Recherche wurde mir klar, dass ich auf jeden Fall dorthin reisen musste. Wanderungen auf bis zu viertausend Meter Höhe, weite Landschaften und lange Wanderungen machten mich neugierig.

Der schnellste Weg in den Sämen-Nationalpark führt über einen Flug von Addis Abeba, der äthiopischen Hauptstadt, nach Gonder. Die Stadt ist wegen ihrer zahlreichen Burgen auch als das „Camelot“ Afrikas bekannt. Übrigens: Wer mit Ethiopian Airlines nach Äthiopien einreist, bekommt stark vergünstigte Flugtickets bei der gleichen Airline für innerländische Flüge. Weiter geht es per Auto in das 100 km entfernte Debark, das der nächstgrößere Ort vor dem Nationalpark ist und bei dem die Eintrittsgebühren  zu entrichten sind. Dort stellt man sich seine Gruppe aus Begleitern zusammen – der bewaffnete(!) Parkranger ist obligatorisch, weitere Leute wie Lastenträger, Führer und Koch optional.Wer wenig Zeit hat, kann sich die Unterstützung von einer der vielen Agenturen holen. Das ist natürlich teurer, aber auch wesentlich komfortabler. Wer hier mit einer Gruppe reist, kann viel Geld sparen.Für organisierte 4-Tages Touren sollte man bei 2-3 Leuten mit 300-400 USD pro Kopf rechnen. Dies beinhaltet dann den Parkeintritt, Führer, Ranger, Esel und Gepäckträger, Verpflegung und Transport von und nach Gondar. Aufgrund meiner spontanen Plannung hatte ich nicht mehr ausreichend Zeit, eine Reisegruppe zu finden.

Es gibt 2-tägige bis hin zu 10-tägigen Wandertouren. Das volle Programm umfasst die Be- und Absteigung des Ras Daschän, der mit 4533 m höchste Berg Äthiopiens. Da meine Zeit knapp war, entschied ich mich für das „kleine“ Wanderprogramm mit drei Tagen und zwei Nächten. Auch diese Tour belohnt mit spektakulären Aussichten und Fußmärschen über langgezogene Hochebenen.
Man muss kein Wanderprofi sein, um sich durch den Nationalpark zu trauen. Gute Kondition ist aber trotzdem nicht verkehrt, da auf dieser Höhe die dünne Lüft sich deutlich bemerkbar macht. Jede Steigung fühlt sich fordernder an, als man ihr zunächst zutrauen würde.Der erste Tag beginnt noch relativ gemächlich. Nach der längeren Anreise von Addis Abeba geht es am frühen Nachmittag los. Am Wegesrand blühen leuchtend-gelbe Meskel-Blumen, die ein äthiopisches Nationalsymbol sind. Unser Weg führt uns entlang steiler Abhänge zum Sankaber Camp auf etwas mehr als 3000 m Höhe. Während das Essen in einer einfachen Hüte zubereitet wird, verbringe ich die erste (wie auch die kommende Nacht) im Zelt. Kaum geht die Sonne unter, wird es mit einem Schlag eisekalt. Zum Glück wird ein Feuer entzündet und meine Begleiter und ich versammeln uns davor. Später im Zelt verkrieche ich mich soweit wie möglich im Schlafsack, eingemummelt mit Pulli und Socken, bevor ich schließlich einschlafe.
Der zweite Tag wird mit einem Instant-Kaffee im Alubecher eingeläutet. Kurz nach dem Frühstück geht es auch schon los. Zunächst geht es noch ein Stück bergabwärts, bevor es wieder steil nach oben geht. Kurz darauf sehe ich von einem kurzen Vorsprung den Jinbar Wasserfall, der unglaubliche 500 m hoch ist.


Mitunter erinnern mich die Landschaften an die schottischen Highlands. Je höher es geht, desto karger werden die Ebenen. Wir machen schließlich halt im Gich Lager, das aus wenigen Hütten und einem kleinen Lädchen besteht (inklusive Soft-Drinks und Bier!). Mit geübten Blick macht mein Führer in der Ferne ein Wolfsrudel aus, das sich an einem Hang entlang herumtollt.Am folgenden und letzten Morgen gönne ich mir meine erste „Dusche“, sprich einen Eimer mit kalten Wasser. Es tut dennoch sehr gut, und wir machen uns los zur abschließenden Wanderung.
Der  Höhepunkt des Tages ist der Imet Gogo Aussichtspunkt, von dem aus man ein atemberaubendes Panorama auf die umliegenden Ebenen hat.Auf dem letzten Abschnitt kreuzt sich mein Weg noch mit dem einer Dschelada Familie, die eng mit den Pavianen verwandt sind. Sie haben ihr zuhause in den Felsspalten, die sie tagsüber zur Nahrungssuche verlassen.Mit dem Auto ging es schließlich zurück nach Debark, wo ich noch eine Nacht verbrachte. Wer nach einer längeren Wanderung eine gediegene Pause einlegen möchte, kann beispielsweise in der Limalimo Lodge in der Nähe von Debark absteigen.

Auf der Rückfahrt sollte man auf jeden Fall noch in Gonder mindestens einen Tag verbringen, um sich die Burgen und Kirchen anzuschauen. Die Stadt ist auch ein guter Ausgangspunkt für weitere Reise nach Aksum (in der sich die Tafeln mit den 10 Geboten befinden soll) oder zum Tanasee mit seinen uralten Klöstern.

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